Autorentext:
Im Zentrum der Überlegungen einer Politik des Lebens stehen die umfassenden und unterschiedlichen Fähigkeiten (capabilities) der Menschen und deren Realisierung, die sie benötigen, um ein umfassendes und gutes Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu führen. Inwieweit Subjekte ihre Fähigkeiten umsetzen und ein Leben nach ihren Vorstellungen führen können, hängt von ihren tatsächlichen Verwirklichungschancen ab und somit vom gesellschaftlich geregelten Zugang zu öffentlichen Gütern wie Arbeit, Einkommen, Bildung, Gesundheit, Wohnmöglichkeiten, Freizeit, Wasser und Nahrung ab, aber auch von Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Zukunft. Insofern umfasst dies immer auch eine kritische Analyse staatlicher Politik sowie ökonomischer und sozialer Strukturen, inwieweit überhaupt die Möglichkeiten für Verwirklichung eröffnet werden, oder ob nicht systematisch bestimmte Gruppen ausgeschlossen oder zumindest benachteiligt werden. Eine Politik des Lebens ist sowohl Kritik als auch Praxis.
Ein Denken in Verwirklichungschancen muss dem Denken und Handeln der Sozialen Arbeit immanent sein, auch sie muss politisch, befreiend und zugleich partizipativ wirken, als eine „Politik des Lebens“. Es geht darum, den handelnden und sein Leben führenden Menschen zu betrachten, nach dessen Chancen zu fragen, Einschränkung und Unterdrückung zu benennen, um dann gemeinsam nach Wegen einer Ausweitung der Fähigkeiten zu suchen und diese zu begehen.